02.12.2008: BGH-Urteil zur Strafzumessung
Der Entscheidung liegt ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Angeklagte seine Arbeitnehmer „schwarz“ beschäftigte und demzufolge weder Lohnsteuern noch Sozialabgaben abführte. Er gab auch keine Umsatzsteuererklärungen ab. Zudem unterstützte er die Umsatzsteuerhinterziehung seiner Auftraggeber durch die Beschaffung von Scheinrechnungen, damit diese die an den Angeklagten geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben ansetzen und einen Vorsteuerabzug geltend machen konnten. Der dadurch bewirkte Steuerschaden und die vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge betrugen jeweils insgesamt fast 1 Mio €.
Der Bundesgerichtshof (BGH) führt in den Entscheidungsgründen aus, dass bei der Strafzumessung eine Gesamtwürdigung vorzunehmen ist. Auch wenn die Höhe des Hinterziehungsbetrages ein bestimmender Strafzumessungsgrund für die Steuerhinterziehung ist, kann allein dessen Ausmaß nicht in dem Sinne ausschlaggebend sein, dass eine Strafe gestaffelt nach der Höhe des Hinterziehungsbetrages und damit letztlich „tarifmäßig“ zu verhängen ist. Vielmehr ist jeder Einzelfall individuell zu würdigen. Einer allzu formalistischen Betrachtung, die allein an den Hinterziehungsbetrag anknüpft, wird damit eine Absage erteilt.
Ausgehend von den im jeweiligen Einzelfall gegebenen Strafmilderungs- und Strafschärfungsgründen und der Höhe des Hinterziehungsbetrages kommt der BGH zu einer allerdings nicht rein schematisch verstandenen Staffelung der Sanktion wie folgt: In Anlehnung an das Verständnis beim Betrug hält der BGH eine Steuerhinterziehung „in großem Ausmaß“ und damit einen besonders schweren Fall des Betruges im Sinne des § 370 Abs. 3 Nr. 1 AO bei einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 Euro für gegeben. Ob diese Schwelle überschritten wurde, ist für jede einzelne Tat im materiellen Sinne gesondert zu bestimmen. Soweit der Täter keinen Vermögensvorteil in der vorgenannten Höhe erlangt hat, sondern weniger weitgehend lediglich eine Gefährdung des Steueranspruches gegeben war, ist eine Wertgrenze von 100.000 Euro maßgebend. Bis zu dieser Höchstgrenze kommt regelmäßig eine Geldstrafe in Betracht. Bis zu einer Million Euro soll eine Bewährungsstrafe die Regel sein. Darüber hinaus kommt eine Freiheitsstrafe, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, nur bei Vorliegen besonders gewichtiger Milderungsgründe in Betracht. Das Urteil enthält ferner Ausführungen zur Berechnung der Höhe der Beitragshinterziehung bei Schwarzarbeit nach § 266a StGB (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt).
Anhang 3 enthält die Presseveröffentlichung des BGH zu der dargestellten Entscheidung.