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Ermittlungsverfahren gegen Kunden der UBS wegen Verdachtes der Steuerhinterziehung

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.09.2017 berichtet, dass die Staatsanwaltschaft Bochum wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein umfangreiches Ermittlungsverfahren gegen Kunden der Schweizer Großbank UBS eingeleitet hat. Es liefen in diesem Zusammenhang derzeit Durchsuchungen, an denen bis zu 130 Staatsanwälte und Steuerfahnder beteiligt seien. Basis der Ermittlungen sei ein rund 2000 UBS-Kunden betreffender Datensatz eines Informanten, den das Land Nordrhein-Westfalen angekauft hatte. Dieser Datensatz sei durch das Finanzamt und Steuerfahnder ausgewertet worden.

NRW liefert Datensätze mit Verdacht auf Steuerhinterziehung an mehr als 20 weitere Staaten

Pressemitteilung des Finanzministeriums NRW vom 14. April 2016:

Die Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen hat in der vergangenen Woche Datensätze an mehr als zwanzig europäischen Staaten zur Prüfung und Verfolgung von Steuerhinterziehung zur Verfügung gestellt. Wie bereits mit Griechenland praktiziert, wurden Informationen zu Kontoinhabern bei einer Schweizer Bank über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) an die nationalen Behörden weitergeleitet. Parallel dazu hat Finanzminister Norbert Walter-Borjans die zuständigen Finanzministerinnen und Finanzminister dieser Staaten über das Vorgehen informiert.

 „Die Kontodaten, die unsere Steuerfahnder im Zuge von Ermittlungen gegen Banken entdeckt haben, betrafen nicht nur deutsche Steuerzahler. Daher ist es nur konsequent, dass wir die übrigen Daten den jeweiligen Ländern zur Verfügung stellen. Wenn Steuerhinterzieher sich internationaler Kanäle bedienen, müssen die Steuerfahndungen ebenfalls grenzüberschreitend zusammenarbeiten“, sagte Walter-Borjans.

Die Kontodaten hatte die NRW-Steuerfahndung im Zusammenhang mit Bankenverfahren wegen Beihilfe und Auswertungen von erworbenen Datenträgern erlangt. Sie beziehen sich auf Privatleute und Unternehmen mit Guthaben von insgesamt bis zu 101 Milliarden Schweizer Franken (rund 93 Milliarden Euro), bei denen nun zu prüfen wäre, ob die Erträge ordnungsgemäß versteuert wurden oder nicht.

NRW übermittelt aber nicht nur Daten an andere Länder. Auch das Know-how seiner Steuerfahndung wird gern in Anspruch genommen. Vertreter von Steuerbehörden aus zahlreichen Ländern haben sich bei ihren nordrhein-westfälischen Kolleginnen und Kollegen beispielsweise über den Erwerb von Datenträgern mit mutmaßlichen Steuerhinterziehern, über die Auswertung von Steuer-CDs und über Umsatzsteuerkarusselle informiert.

„Wir geben unser Wissen gerne an andere Länder weiter, die gegen Steuerunehrlichkeit vorgehen wollen. Unsere erfolgreich agierende Steuerfahndung NRW versetzt uns dazu in die Lage“, erklärte Finanzminister Walter-Borjans. „Die Panama-Papers zeigen der Öffentlichkeit einmal mehr, dass hinter der Steuerhinterziehung nicht nur die Gier Einzelner steckt, sondern ein ganzes System. Dem können wir am besten gemeinsam Paroli bieten.“

In einem Faktenblatt zur Pressemitteilung wird – ohne weitere auch juristische Abwägung – in einer Art Kosten-Nutzenrechnung unter anderem mitgeteilt:

  • NRW hat bisher 11 Datenträger erworben
  • Kosten für den Erwerb: 17,9 Mio Euro
  • 120.000 Selbstanzeigen (bundesweit)
  • hieraus resultierende Mehreinnahmen: ca 5 Mrd Euro
  • 2015: Datenüberlassung an Italien, Frankreich und Griechenland
  • April 2016: Bereitstellung der restlichen Daten über das Bundeszentralamt für Steuern an weitere europäische Staaten

(Quelle: Homepage Finanzministerium NRW, Pressemitteilung vom 14. April 2016 nebst Anlagen hierzu)

 

Verschärfung der Rechtsprechung: Absenkung der Wertgrenze für „grosses Ausmaß“ der Steuerhinterziehung

Der Bundesgerichtshof hat mit einem erst kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 27.10.2015 (Az: 1 StR 373/15) seine langjährige Rechtsprechung in einem wichtigen Punkt verschärft: Bisher hatte das Gericht bei einem „grossen Ausmaß“ einer Steuerhinterziehung unterschieden zwischen einem echten Steuerschaden und einer blossen Steuergefährung. Bei einem echten Steuerschaden wurde für das große Ausmaß eine Wertgrenze von 50.000 € zugrunde gelegt. Ein Steuerschaden in diesem Sinne bestand, wenn der Steuerpflichtige sich Erstattungsbeträge erschlichen hat, insbesondere etwa Vorsteuerbeträge, oder etwa auch Betriebsausgaben fingiert hat. Demgegenüber wurde für die Steuergefährdung ein großes Ausmaß erst dann zugrunde gelegt, wenn eine Wertgrenze von 100.000 € erreicht war. Dies betraf vor allem die praktisch wichtigen Fälle eines Verschweigens von Kapitaleinkünften, beispielsweise in der Schweiz. Die Frage, ob die jeweilige Grenze erreicht oder überschritten ist, bestimmt sich hierbei nach Steuerart und Veranlagungszeitraum.

Mit seiner jüngsten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof diese bisherige Unterscheidung aufgegeben und geht jetzt einheitlich von einem großen Ausmaß stets dann aus, wenn ein Betrag von 50.000 € erreicht ist. Damit will das Gericht Rechtssicherheit schaffen und seine Rechtsprechung zur Strafbarkeit der Steuerhinterziehung an die Rechtsprechung eines großen Ausmasses bei Betrug und Untreue angleichen.

Diese Rechtsprechungsänderung ist für die Praxis von großer Bedeutung für die Frage der Strafzumessung und der Verjährung. Liegt eine Steuerhinterziehung in einem großen Ausmaß vor, so ist Freiheitsstrafe vom Gesetz vorgesehen und beträgt der Strafrahmen dann zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Ferner verjährt eine Steuerhinterziehung in großem Ausmaß strafrechtlich nicht bereits in fünf Jahren, sondern erst in zehn Jahren. Sofern Selbstanzeige zur Vermeidung einer Strafbarkeit erstattet werden soll, ist diese Verlängerung der Verjährung zu berücksichtigen.

NRW liefert Datensätze mit Verdacht auf Steuerhinterziehung an Griechenland

Der grenzüberschreitende Informationsaustausch findet neue Wege. Das Finanzministerium in NRW hat Griechenland Datensätze mit Angaben zu mutmaßlichen Steuerhinterziehern zur Verfügung gestellt. Die Rechtsgrundlage für das Vorgehen wird auf der Homepage des Ministeriums allerdings nicht benannt. Hier heißt es lapidar wie folgt:

„Die Finanzverwaltung von Nordrhein-Westfalen hat dem griechischen Finanzministerium mehr als 10.000 Datensätze zur Verfolgung von Steuerhinterziehung zur Verfügung gestellt. Die Informationen über Bankkonten von Griechen in der Schweiz wurden über das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) nach Athen übermittelt. „Das ist ein wichtiger Schritt der griechischen Regierung, mehr Steuerehrlichkeit im Land herzustellen. Dabei unterstützen wir in NRW die Behörden nach Kräften. Dank der erfolgreichen Arbeit unserer Steuerfahnder sind wir dazu auch in der Lage“, sagte Finanzminister Norbert Walter-Borjans.

„Das ist eine große Chance für unser Gemeinwesen. Wir werden die Daten sorgfältig auswerten – und gegebenenfalls auch zusätzliche Informationen aus der Schweiz abfragen“, sagte der stellvertretende Finanzminister Trifon Alexiadis in Athen. Die Kontodaten hatte die NRW-Steuerfahndung im Zusammenhang mit Bankenverfahren wegen Beihilfe und Datenankäufen erlangt. Sie beziehen sich auf Privatleute und Unternehmen mit Guthaben von insgesamt bis zu 4 Milliarden Schweizer Franken.“

 

(Quelle: Homepage Finanzministerium NRW, Veröffentlichung 25.11.2015)

Nordrhein-Westfalen kauft weitere Steuer-CD – Selbstanzeige bleibt ratsam

Wie Spiegel-Online aktuell berichtet, hat das Land Nordrhein-Westfalen eine weitere Steuer-CD erworben, und zwar für einen Rekordbetrag von 5 Millionen Euro. Es soll sich hierbei um Daten mehrerer Institute und Finanzdienstleister handeln. Im Visier ist offenbar insbesondere eine Luxemburger Bank mit Filialen an der deutschen Grenze. Die Ermittlungen haben bereits begonnen, und zwar gegen Kunden und Mitarbeiter. Das Land Nordrhein-Westfalen setzt damit seine aggressiven Ankäufe fort und sieht sich in seiner Praxis durch die erheblichen Steuer-Mehreinnahmen in Höhe von 1,8 Milliarden (Stand: Juni 2015) bestätigt.

Der weitere Ankauf sollte für diejenigen, die ihre Erträge aus dem Ausland bisher nicht deklariert haben, hinreichender Anlass sein, dies nunmehr nachzuholen. Die Selbstanzeige bietet unverändert die Möglichkeit, sich straffrei stellen zu können. Dies gilt erst recht, weil ab  2017 ohnehin ein grenzüberschreitender automatisierter Informationsaustausch eingeführt werden wird.

RA Dr. Markus Brender, Fachanwalt für Bank-, Kapitalmarkt- und Steuerrecht